Kammern ist uraltes Siedlungsgebiet – das Haus von Johannes Hirsch und seiner Familie legt davon beredtes Zeugnis ab. Seit rund 500 Jahren steht es trutzig an diesem Platz, wurde zu einer Zeit erbaut, als Albrecht Dürer seinen Holzschnitt „Rhinocerus“ schuf und Michelangelo in Rom an den Fresken der Sixtinischen Kapelle arbeitete. Die Familie Hirsch übernahm anno 1878 den aus der Hochrenaissance stammenden Zehenthof und bewirtschaftet ihn heute in fünfter Generation.
Wie damals üblich, handelte es sich um gemischte Landwirtschaft, bei der neben vielen anderen Feldfrüchten auch der Wein eine gewisse Rolle spielte. Das blieb so bis zum Ende der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts. Es war der Vater von Johannes Hirsch, der erkannte, dass spezialisierter Weinbau in einer derart begünstigten Region wie dem Kamptal Zukunft haben müsste.
Josef Hirsch, der Senior, übernahm ursprünglich 2,5 Hektar Weingärten von seinem eigenen Vater. Rasch ging er daran, weitere Rebflächen zu kaufen. „Aber er ist geradezu revolutionär an die Sache herangegangen“, sagt Sohn Johannes, „ er hat Weingärten gekauft, die sonst niemand haben wollte. Nämlich oben am Heiligenstein und nicht unten, wo es schön flach ist und wo man leicht und gut arbeiten kann. Die Nachbarn haben gemeint, dass er verrückt geworden ist.“
Natürlich stellte sich bald heraus, dass gerade diese Lagen die besten waren. Des Vaters scheinbare Verrücktheit erwies sich als Weitsicht.
Das zu beobachten, hat Johannes Hirsch tief geprägt – wobei er den familientypischen Eigensinn ohnehin auch geerbt hat. Wer sich seiner Sache sicher ist, darf sich nicht durch das Gerede oder die Ängstlichkeiten anderer irritieren lassen – diese Überzeugung steht wie ein Motto über der Entwicklung des Hofes der Hirschen von einer Landwirtschaft zu einem der führenden Weinbetriebe des Kamptals.
Johannes Hirsch war gerade einmal 14, als Vater Josef diese weitreichenden Entscheidungen traf – und richtete seine eigene Lebensplanung darauf aus. 1996 kamen die beiden zum Entschluss, noch mehr auf die wirklichen Stärken zu setzen. „Wir dürfen uns nicht verrennen“, nennt das Johannes Hirsch. Auf dem Höhepunkt des Rotweinbooms 1999 rodeten sie alle roten Sorten und pflanzten stattdessen Riesling und Grünen Veltliner. Heute führt Johannes das Weingut gemeinsam mit dem Vater, der Mutter und seiner engagierten Frau Sandra. Beide nehmen sich trotz der unzähligen Aufgaben viel Zeit für die Mitarbeiter und natürlich für ihre Kinder, Tochter Marie und die Zwillinge Florian und Josef.